Unterricht planen

Kurt Singer hat viele Gedanken zusammengetragen, die sich um die Würde des Schülers ranken. Nur ein Zitat sei hier genannt „Als Eltern Interesse für das zeigen, was Kinder im Unterricht lernen, nicht nur für die Zensuren“, das ich sehr wichtig als Vater finde. Gerade die Diskussionen mit anderen Eltern unserer Gegend zeigt mir, wie wenig wir Eltern darauf achten, wie Schule sein sollte. Viele Eltern sagen sich immer noch, dass Schule so bleiben müsse wie sie ist. Aus ihnen sei ja schließlich auch was geworden.
Wer nachlesen möchte, dem Seien Singers Gedanken „singer-Leitgedanken (pdf, 174 KB)
Für die achtsame Beziehung zu Kindern und Jugendlichen in der Schule“ sehr empfohlen. Er verweist auch auf den „Lehrer Eid“, den Hartmut von Hentig entworfen hat und den ich mir sehr zu Herzen nehme. Wir Lehrer sind keine Übermenschen. Wenn wir versuchen, übersteigerte Wertvorstellungen von unserem Beruf und unseren Möglichkeiten zu realisieren, dann kommen wir schnell zu sogenanntem Burnout (Das echte, nicht das für die Frühpensionierung). Aber wir haben viel Verantwortung und dieser müssen wir gerecht werden.
Meine Ängste in Bezug auf den zu planenden Unterricht beziehen sich weniger auf die fachlichen Aspekte. Die bringe ich mir schon neben meiner Prüfungsvorbereitung bis Ende August bei. Aber ich bin mir unsicher, wie ich meine eigenen Anforderungen an den Beruf und die Entwicklungshilfe für meine Schüler realisieren kann. Empathie alleine kann nicht reichen, ich muss auch Lösungen anbieten können.
Gerade mit den Lösungen tue ich mich manchmal schwer. Freunde und auch nicht Freunde sprechen viel über ihre Probleme mit mir. Manchmal mache ich diese gedanklich zu meinen Problemen. Manchmal kann ich gar nicht glauben, dass es die beschriebenen Situationen und Gefühle tatsächlich gibt. Seit ich weniger fernsehe, kommt die Realität immer näher an die alten Seifenopern (neudeutsch soaps) heran. Gerade (Urlaub) habe ich das Dritte Buch von Sten Nadolny „Netzkarte“ zu lesen angefangen. Es liest sich ähnlich gut wie die „Entdeckung der Langsamkeit“ und hat mehr erotischen Inhalt als das blöde Buch „ein Gott der Frechheit“. Mich stellt das Buch vor ein Rätsel. Ist es nun ein Tatsachenbericht oder eine Erotische Fantasiereise. Als Tatsachenbericht gelesen komme ich mir benachteiligt vor, denn ich war auch Jahrelang viel mit der Bahn unterwegs, aber da habe ich wohl einiges einfach übersehen. Oder der Protagonist hat wirklich eine besondere Ausstrahlung. Mal sehen, wie das Buch weitergeht, vielleicht lese ich nachher, nach meiner Prüfungsvorbereitung zum Thema Handlungsorientierung noch etwas weiter.
See you
berufsschullehrer (Gast) - 5. Okt, 23:44

nadolny

ob der gott der langsamkeit ein blödes buch ist, hängt zunächst vom leser ab; der sinn des textes wird ausschließlich vom leser generiert!
im sinne der nadolny'schen langsamkeit scheint ein vorsichtiges, bedachtes urteil durchaus angebracht

msa - 6. Okt, 11:09

Geschmackssache

wenn ich von einem Buch begeistert bin, wie von der "Entdeckung der Langsamkeit" dann liegt das meist an Inhalt und Schreibstil. Den Stil kann ein Author eigentlich nicht ablegen. Ich frage mich also ernsthaft, wer denn den Gott der Frechheit geschrieben hat. Denn mit der "Netztkarte" hat Nadolny ja erneut bewiesen, dass er schreiben kann.
Entscheiden tue ich in der Regel nicht so bedacht, da vertraue ich immer mehr auf mein Bauchgefühl.
berufsschullehrer (Gast) - 13. Okt, 00:34

schon richtig..

.. der zugang zur literatur über den bauch. aber auch in der wunderbaren welt der ästhetik brauchts zusätzlich - und vor allem - handwerkszeug. ach ja, handwerk. in diesem sinne könnte man den schuster, der nicht bei seinen leisten bleibt, auch als einen anstreicher verstehen, der sich anmaßt, den goldenen schnitt in frage zu stellen.
gerade weil der beruf des lehrers eine - etwas weniger pathetisch ausgedrückt - gewisse verantwortung umfasst, bedingt gerade diese ein hohes maß an reflektiertheit. besonders in bezug auf urteile aller art. emotionale regungen können als solche nicht gelten.

msa - 13. Okt, 12:54

Schuster bleib bei deinen Leisten?

Interessante Ansicht.
Ich denke, dass Lehrer niemals frei sind von Urteilen jeglicher Art. Das eigene Leben ist für die meisten schon der Maßstab der Dinge. Wenn ich mir das nicht eingestehe, dann kann ich gerne denken, dass ich objektiv bin.
Ich bin selten objektiv, das gestehe ich zu, denn dann müsste ich mich von meiner eigenen Meinung befreien. Ich hoffe aber, dass ich die Meinung der anderen nutzen kann, mich weiter zu entwickeln.
Aber mit dem Schuster, das möchte ich gerade verhindern. Der Traum vom Lebensbegleitenden Lernen ist für mich immernoch ein sehr schöner. Warum soll der Schuster dann nicht auch mal seine Profession wechseln? Oder sich einfach nur mal einmischen. Andere Meinungen, wenn ernst genommen, sind sehr hilfreich.
Ich bin mir meiner Verantwortung als Lehrer durchaus bewusst. Wir haben sehr großen Einfluss darauf, wie eigenständig und mit welchem Selbstvertrauen die jungen Menschen in das Leben starten. Wir haben auch Verantwortung, die Grundordnung unseres Staates zu erhalten. Wie und ob ich das jemals schaffe, das weiß ich nicht.
Ich hoffe nur, dass sich meine Schüler immer trauen, mir auch zu widersprechen. Auch wenn ich plump sage: "das Buch finde ich doof"
berufsschullehrer (Gast) - 14. Dez, 19:55

so einfach war's nicht gemeint

natürlich kann und s o l l man sich stetig in neue gefilde vorwagen. aber einfacher ausgedrückt: wenn man von dingen keine ahnung hat, sollte man nicht urteilen! unsere schüler gehen davon aus, dass unsere einschätzungen auf sachkenntnis basieren. und das ist ihr gutes recht. lieber weise ich darauf hin, dass ich von einem thema wirklich keine ahnung hab (schüler verzeihen das) - als dass ich mich als bodenloser klugschwätzer auslasse.
viel spaß beim erhalten der grundordnung. ich denke, dass manchmal etwas unordnung nicht schaden könnte. aber deshalb finde ich den gott der frechheit ja auch gut.
viel spaß beim unterrichten und immer schön die regeln einhalten, die man so gelernt hat.
msa - 14. Dez, 23:31

darf ich als Lehrer also keine Meinung haben?

Ich finde Dinge num mal gut oder blöd.
Ich sage meist meine Meinung.
Damit beeinflusse ich auch Menschen - klar - Aber solange ich deutlich mache, dass es meine Meinung ist und nicht unumstößliche Tatsache, finde ich das in Ordnung.
Das andere Leser das genannte Buch gut finden, dass kann ich gut glauben. Nur verschwende ich ungerne Zeit mit Büchern, die ich nicht mag. Zumindest dann nicht, wenn ich diese Bücher privat zum Vergnügen lese.
MSA

berufsschullehrer (Gast) - 17. Dez, 19:09

wohl, wohl

meinung tut not
immer dann, wenn verstehen schwer wird, fangen wir an zu meinen. glauben folgt gleich um die ecke.
ich mein halt, es wäre schön, wenn meinung nicht in startlöcher, tief wie gräber und starr wie beton, gegossen würd. schüler meinen, lyrik sei blöd. nachdem sie die tiefe vorgeführt bekommen, meinen sie, lyrik sei abgefahren. manche meinen, lechts und rinks könne man nicht velwechsern - das ist natürlich ein irrtum. ich erlaub mir zu meinen, dass ich vieles nicht verstehe. andere meinen, dass sie vieles wissen. jedem das seine - ein hoch auf die uneingeschränkte beliebigkeit. nadolnys "schreibstil" manchmal blöd - der besenstil auch!

manchmal mündet meinen in mindertiefen!

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