Zielvereinbarungen für Lehrer?

Die Diskussionen mit angehenden Lehrern und abgehenden Lehrern (Pension) der letzten Tage waren sehr interessant. Wie sehr Menschen doch im Denken festgefahren sein können, weil etwas „schon immer so ist“, weil etwas vorgegeben ist. Ich finde Diskussionen wichtig, hasse aber das Argument „das ist halt so, das wirst du auch noch sehen“. Wenn wir Menschen nie an etwas neues glauben würden, dann hätten wir doch diese Welt nie weiterentwickeln können. Ob die Weiterentwicklung dabei positiv oder negativ war, sei mal dahingestellt.
Was mich aber besonders faszinierte ist, dass auch Studenten sich viele Innovationen nicht mehr vorstellen können. Manchmal wünschte ich mir mehr nachdenken, bevor etwas abgelehnt wird. Nach dem Nachdenken und Hinterfragen kann man es ja noch immer für schlecht befinden. Da ist zum einen die Notenvergabe für Kinder, soll sie nun einen Vergleichsmaßstab für die Wirtschaft darstellen, die Leistungskontrolle für den Lehrer sein oder die persönliche Entwicklung der einzelnen Schüler darstellen? Hier habe ich letztes Wochenende eine sehr schöne Diskussion führen dürfen. Nachdem ich danach noch (zufällig) etwas von Hartmut von Hentig gelesen habe, musste ich meine Ansichten ändern. Im Moment denke ich, dass die Allgemeinbildende Schule nicht für die Wirtschaft ausbilden sollte, es steht der Mensch und seine persönliche Entwicklung im Vordergrund. Hoffentlich sehen die Lehrer unserer Tochter das dann auch mal so.
Aber darüber wollte ich eigentlich nicht schreiben. Ich habe den Gedanken, dass es voraussichtlich auch in der Schule zukünftig Zielvereinbarungen und damit verbundene Leistungsgerechte Bezahlung geben wird, gestern mal zur Sprache gebracht. Ich muss dabei zwar zugeben, dass ich kein besonders großer Verfechter der monetären Entlohnungssysteme zur Mitarbeitersteuerung bin, da ich eher die intrinsische Motivation für meine Selbststeuerung nutze. In der Wirtschaft wird allerdings seit einigen Jahren davon ausgegangen, dass es die einfachste Methode zur Steuerung ist. Einfach deswegen, weil es sich über den Gehaltsstreifen leicht organisieren lässt. Einfach sicher auch, weil Karriereplanung für viele Arbeitnehmer direkt an das Einkommen gekoppelt ist.
Was ist jetzt in der Schule möglich? Wir sprechen ja auch hier immer gerne von guten und schlechten Lehrern. Was sind denn das eigentlich für Lehrer? Wonach entscheide ich, wer gut und wer schlecht ist? Kann ein Lehrer daran arbeiten, gut zu werden, wenn er sich seine eigene Definition dafür geben muss? Das was wir mit Vergleichsmethoden wie PISA gerne zu belegen versuchen, dass sollten wir meiner Meinung nach eher für Lehrer schaffen. Eine nationale oder internationale Vergleichbarkeit strebe ich dabei gar nicht an, aber eine Bewertbarkeit und Belohnung von Leistung am Arbeitsplatz ist möglich. Wenn ich mir heute schon erlaube, jemanden in seinem Beruf zu beurteilen, dann kann ich demjenigen auch vorher sagen, was ich bewerten werde. Ich muss mir das ja eh vorher überlegen, wenn ich fair sein möchte. Und damit sind wir bei einer Zielvereinbarung für Lehrer.
Solche Zielvereinbarungen haben unwidersprochen auch Risiken und bringen Probleme mit sich. Die zusätzlichen Chancen überwiegen meiner Ansicht nach jedoch. Als erster und wichtigster Schritt ist da für mich die Diskussion zwischen Lehrer und Rektor zu sehen. Denn wenn beide arbeitsrechtlich gezwungen sind, sich regelmäßig über gegenseitige Erwartungen und Leistungen auszutauschen, dann werden sich auch beider mehr Gedanken dazu machen. Es würde nicht nur mehr Gerechtigkeit bei der Belohnung erzeugt werden (können), auch kann die Weiterbildungsbereitschaft gesteigert werden. Weiterbildungsbedarf muss schließlich auch erkannt werden, dies kann ich aber nicht erreichen, wenn niemand die Anforderungen definiert.
Welche Ziele ein Lehrer bekommen kann? Ich denke, das ist genau die Frage, die sich die meisten Lehrer (und Studenten) nicht beantworten können. Dabei ist es so einfach, wenn man sich bloß von den „alten“ Vorstellungen, nach denen wir heute gefühlsmäßig beurteilen, löst. Ziele müssen erreichbar, messbar, konkret und herausfordernd sein. Hier ist Individualität und Kreativität bei der Vereinbarung nötig. Vereinbarung heißt auch, dass Lehrer und Vorgesetzter das gemeinsam bestimmen.
Und sagt mir bitte nicht, dafür ist keine Zeit. Zeit für Verbesserungen am System sind immer sinnvoll, nicht zuletzt, weil sie Zeit besser nutzen lassen (Verbesserung halt).
See you

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