Montag, 23. April 2007

Alexander S. Neill

Alexander S. Neill“ von Axel D. Kühn als rororo Taschenbuch in Form einer Monografie herausgegeben.
Einer meiner Lieblingsdozenten hatte (mal wieder) darauf hingewiesen, dass es Sinn macht, sich mit dem Umfeld der wichtigsten Pädagogen auseinanderzusetzen. Zumindest als Lehrer sollten wir wissen, wer unsere Bildungswege und die Pädagogik eigentlich beeinflusst hat. Und die Lebensumstände machen oft klarer, wie die Aussagen der „Vorbilder“ zu werten sind.
Bislang habe ich häufig gedacht, dass es doch eigentlich auf das Gesagte oder Geschriebene ankommt. Weniger auf die Geschichte und Lebensumstände des Schreibers. Ein guter Freund von mir liest seit Jahren auch viele Biografien (zumeist von Menschen, die ich nicht einmal kenne), das konnte ich auch nie so recht nachvollziehen. Was soll mich schon das Leben Fremder interessieren?
Nach dieser Monografie über den Begründer der „Summerhill Schule“ sehe ich das etwas anders. Nach dem Seminar schnell in die Bibliothek und das Buch geliehen, machte es sofort Spaß darin zu lesen. Kühn hat einen einfachen, klaren Schreibstil, so dass ich nicht zu viel überlegen musste. Vorletzte Nacht habe ich das dann durchgelesen und war sehr erstaunt, dass selbst ich als Langsamleser dieses schaffen kann.
Neill hat seinen Weg zum Schulreformer scheinbar eher zufällig gefunden. Seine Probleme, ein strenger Lehrer als Vater, ältere (klügere) Brüder und eine auf den „Stand“ achtende Mutter, führten dazu, dass er nur noch Lehrer werden konnte. Zu einem vernünftigen Beruf hat es (seine Intelligenz) einfach nicht gelangt. Die Strenge der schottischen Schulen und die harte Art, mit den Schülern umzuspringen hatten ihm nie behagt. Er musste aber mitmachen, wenn er als Lehrer seine Anstellung behalten wollte. Schön ist auch sein Weg durch die Kriegswirren und seine Erfahrungen durch die Arbeit an Deutschen Reformschulen der 1920er Jahre beschrieben. Erstaunlich fand ich, dass jemand, der eine Schule gründen will, dieses nicht in seiner Heimat beginnt. Erst mit dem Scheitern der ersten Versuche ging er nach England (nicht Schottland), um Summerhill zu gründen. Die heutige Schule steht aber nicht einmal mehr auf einem Hügel, dem Summerhill.
Ich empfinde den Lebensweg und Neills pädagogische Denkweise nachvollziehbar. Sein Gedankengut kann ich größtenteils akzeptieren und als Ziel meiner eigenen Arbeit verfolgen. Erstaunt hat mich nur, dass so eine kleine Schule eine so extreme Wirkung auf die Schulformen in Europa nehmen konnte. Es lag hierbei sicher weniger an den Konzepten und der Schule an sich, als vielmehr an der aktiven und exzellenten Öffentlichkeitsarbeit Neills. Durch seine Bücher und Vortragsreihen wollte er vordergründig für seine Schule werben. Erst später wurde ihm auch wichtig, seine Idee zu verbreiten.
Die Kompromisslosigkeit der Umsetzung seiner „Selbstverwaltung“ ist das eigentlich herausragende. Und genau hier werden viele ambitionierte Lehrer am Schulsystem scheitern. Ich jedenfalls mache mir nicht vor, dass ich eine vorhandene, womöglich staatliche Schule entsprechend umgestalten kann. Allerdings lebt nach diesem Buch auch mein Traum von einer eigenen Bildungseinrichtung wieder auf. Und da darf ich dann ausprobieren, was ich für richtig halte – zumindest so lange, biss ich pleite bin .

Trauer

Meine Großmutter ist gestern verstorben. Sie ist eine der wichtigsten Personen meines Lebens. Viel habe ich von ihr gelernt. Sie wäre für viele Menschen ein gutes Vorbild, wenn es darum geht, Menschenliebe zu leben. Das Helfen und die Fürsorge für ihre Familie und Freunde stand immer im Mittelpunkt ihres Handelns. Im Gegensatz zu vielen anderen älteren Menschen, hat meine Oma kaum geklagt. Sie war mit dem Leben und der Welt im Reinen. Mich hat das immer sehr verwundert, denn die persönlichen Erfahrungen des Krieges, der Flucht und mit den Problemen einer alleinerziehenden Mutter waren nicht besonders positiv.
Ich liebe meine Großmutter.
Auf das Ende konnten wir uns alle gut vorbereiten, sie ließ uns dazu viel Zeit. Das macht es erträglicher, mit dieser neuen Lebenssituation fertig zu werden. Ich hätte mir für sie aber einen weniger schmerzhaften Tod gewünscht. Mit anzusehen, wie sie die letzten Tage gelitten hat, das hat meine Position zur Sterbehilfe deutlich verfestigt. Ist es nötig, so zu leiden? Ich möchte das nicht und hoffe, es findet sich dann ein Freund mit mehr Mut, als ich ihn habe.
Das Leben geht weiter, aber anders.

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