Dossier Grundeinkommen des HWWI

Das HWWI hat im Frühjahr 2007 ein Dossier zum Grundeinkommen veröffentlicht. Ich möchte mal versuchen, die Inhalte dieser sehr euphorischen Studie zum Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) hier kurz wiederzugeben. Die ersten 89 Seiten befassen sich mit dem BGE (sehr ähnlich dem Konzept der Partei „Die Linke“) und dem solidarischen Bürgergeld, wie es Dieter Althaus (CDU) vertritt. Das BGE gilt dabei als das idealtypische Ziel und das Bürgergeld wird als gangbarer Zwischenschritt dorthin angesehen, weil der extreme Wandel des Sozialstaates sonst nicht durchsetzbar wäre. Die erstellten Prognosen bezüglich finanzieller und wirtschaftlicher Auswirkungen eines BGE und Arbeitsmarktfolgen sind an statischen Modellen berechnet. Jede Prognose einer so gewaltigen Reform kann aber immer nur mit Annahmen arbeiten und birgt entsprechend große Unsicherheiten.
Den meisten politischen Gruppen in Deutschland scheint mittlerweile klar geworden zu sein, dass unser bisheriges soziales Netzwerk nicht weiter bestehen kann, denn die Grundlagen, auf denen es in den 1950er Jahren erstellt wurde liegen schon lange nicht mehr vor. Wir haben keine Vollbeschäftigung, kein anhaltendes starkes Wirtschaftswachstum und auch keine Bevölkerungspyramide mit wenigen „Alten“ und vielen „Jungen“ mehr. Somit kann ein komplexes Sicherungssystem wie das unsere nicht mehr auf die Beiträge der arbeitenden Bevölkerung aufbauen. Die Kosten steigen, die Anzahl der Beitragszahler sinkt und somit sinken auch die Transferzahlungen an die Leistungsempfänger.
In Schlagworten lässt sich das Bedingungslose Grundeinkommen dieser Studie zusammenfassen:
 Transparente Umverteilung des Volkseinkommens mit hoher Effizienz durch bedingungslose Auszahlung an jeden Bürger.
 Kaum Bürokratie, da Kontrollen und Bedarfsprüfungen wegfallen können.
 Die Risikobereitschaft der Bewohner steigt, weil jedem ein Existenz sicherndes Einkommen zur Verfügung steht.
 Die Leistung wird individuell ausgezahlt, damit werden Prüfungen von Lebensgemeinschaften unnötig.
 Jeder einzelne erhält die gleichen Leistungen.
 Die Bevormundung der Bürger wird unnötig, weil niemand mehr zur Arbeit „genötigt“ wird, um soziale Hilfen zu erhalten.
 Jeder Hilfsbedürftige erhält Hilfe, dazu gehören dann auch die heute etwa 900.000 in verdeckter Armut lebender Kinder, deren Eltern keine Sozialleistungen einfordern.
 Wer die Hilfe nicht nötig hat, erhält das Grundeinkommen trotzdem. Das ist heute auch schon so, denn heute ist das Einkommen in Höhe des Existenzminimums laut BVG Urteil schon steuerfrei. Das BGE wäre für diese Personen quasi eine Steuergutschrift.
 Das BGE ist grundsätzlich finanzierbar. Die gemachten, unterschiedlichen Berechnungen, ermöglichen sogar ein Staatsdefizit von Null. Heute liegen wir meines Wissens nach bei ca. 40 Mrd. Euro Neuverschuldung jährlich.
 Die Einführung des BGE führt kurz- und auch langfristig zu mehr Arbeitsplätzen im Niedriglohnsektor, bei gleichzeitiger Lohnsenkung.
 Das allgemeine Qualifikationsniveau der Bevölkerung würde steigen, da sich die Menschen Aus- und Weiterbildung wieder leisten können. Auch führt Langzeitarbeitslosigkeit dann nicht zu einem Stillstand der eigenen Qualifikation, denn der Weiterbildung steht keine Existenzsicherung im Weg.
 Durch die freier werdende Wahl, welchen Beruf und ob überhaupt eine Erwerbsarbeit ausgeübt werden soll, wird die vorhandene Erwerbsarbeit optimaler verteilt. Es ist beispielsweise von einer Zuname von Teilzeitarbeit auch in höher Bezahlten Stellungen auszugehen. Die Verbindung von Familie, Freizeit und Beruf wird einfacher.
 Die Wohlfahrt, das Bruttoinlandsprodukt und auch die Produktivität würde steigen.
 Das Ehrenamt und die Familienarbeit wird zunehmend an Ansehen gewinnen.
 Kranken und Pflegeversicherungen werden entlastet, weil vermehrt Familienarbeit stattfinden kann.
 Die Lohnnebenkosten sinken, da es keine Sozialleistungsabgaben mehr gibt.
 Staatliche Eingriffe in den Markt oder Arbeitsmarkt unterbleiben. Löhne werde frei ausgehandelt und stellen sich so auf den Gleichgewichtspreis für die jeweilige Arbeit ein.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass neben diesen genannten Wirkungen ein BGE zur Sicherung des Existenzminimums auch finanzierbar ist. Die einzigen beiden „Stellschrauben“ der Politik sind danach die Höhe des Grundeinkommens und der Einkommensteuersatz. Steuervergünstigungen, Subventionen, soziale Sachleistungen und ähnliches entfallen, da sie durch das BGE bereits geleistet sind.
Beispielrechnung des Dossiers: Existenzminimum 7500,- Euro pro Jahr und Person ergibt bei 82,5 Millionen Einwohnern etwa 620 Mrd. Euro an Transferzahlungen. Das heute vorhandene Sozialbudget Deutschlands liegt bei 700 Mrd. Euro, hinzu kommen noch die Einsparungen eines Großteils der Verwaltungen, da die Prüfungen und Kontrollen wegfallen können. Eine Auszahlung könnte über das Finanzamt geregelt sein.
Als Finanzierung wird die Einkommensteuer vorgeschlagen, alternativ könnte das aber auch durch eine Konsumsteuer erfolgen. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile.

Das Konzept ist interessant und lädt zum Träumen ein, denn wer wünscht sich nicht manchmal, seinem Chef einfach sagen zu können, das man jetzt erstmal eine Auszeit nimmt. Ich jedenfalls finde meine derzeitige Auszeit von der Arbeitswelt als sehr wertvoll. Ich habe Zeit, mich um neue Themen zu kümmern und meine Familie zu genießen, die ich vorher so nicht hatte. Spätestens seit der Bekanntgabe der letzten Prüfungstermine im November wurde aber deutlich, dass diese schöne Zeit bald vorbei ist.
See you

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